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Familie und Soziales
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Kinder wollen verstanden werden
Interview mit Anne Schorsch von Trauerland
Wie spreche ich mit meinem Kind
im Kindergartenalter über den Tod
er Großvater von Fabian ist nach alter, dass der Opa gestorben ist? Neh- Auch wenn ein Kind noch sehr jung
einer langen und schweren me ich das Kind mit zur Beerdigung? ist, sollte es miteinbezogen werden.
DKrankheit gestorben. Gemeinsa- Das gilt auch für eine Beerdigung.
me Spiele und viele schöne Unterneh- Anne Schorsch: Wie Sie bereits be- Grundsätzlich sagen wir, dass Kinder
mungen verbinden die beiden. Fabian schrieben haben, wollen Kinder sich in jedem Alter – mit guter Vorberei-
ist 5 Jahre alt und Kindergartenkind. verstanden und ernst genommen füh- tung und Begleitung – mitgenommen
Nach dem Anruf der Großmutter, die len. Eine wichtige Rolle spielt hierbei, werden können. Miteinbeziehen heißt
vom Tod des Großvaters berichtet, dass Kinder die Wahrheit erfahren und hier auch und grundsätzlich, das Kind
steht Fabians Mutter vor der besonde- ehrliche Antworten bekommen. Wir zu fragen, was es möchte, z. B. ob es
ren Herausforderung, mit dem kleinen gehen so weit, zu sagen, dass Kinder mit zur Beerdigung möchte. Eine Ver-
Kind über den Tod zu sprechen, denn ein Recht darauf haben – weil dies ein abschiedung sollte immer in Abspra-
kleine Kinder können von ihrer kog- wichtiger Baustein für den weiteren che mit dem Kind geschehen: Was ist
nitiven Entwicklung her noch nicht ver- Trauerprozess ist. Das bedeutet: Über für das Kind stimmig? Welche Fragen
stehen, was der Tod wirklich bedeutet. den Tod eines nahen Angehörigen soll- möchte es beantwortet wissen, welche
Da der Tod ein unausweichlicher Teil te zunächst einmal offen und ehrlich nicht? Wie möchte das Kind seinen
unseres Lebens ist, wollen auch Kinder gesprochen werden. Wählen Sie hierbei persönlichen Abschied gestalten?
verstanden werden und ihren eigenen einfache und klare Worte und achten Auch empfiehlt es sich, mit einem Kind
Weg finden. Sie auf eine kindgerechte Sprache – vorab genau zu besprechen, was es bei
welche Worte das im Einzelnen sind, einer Beerdigung erwartet. Vor Ort ist
Wir fragen Anne Schorsch von Trauer- hängt individuell vom Kind und seiner es wichtig, eine zusätzliche nahe Per-
land. Trauerland ist eine Anlaufstelle sozialen, emotionalen und kognitiven son an der Seite des Kindes zu haben,
für Kinder und Jugendliche, die einen Entwicklung ab. Vermeiden Sie Um- die das Kind gut kennt, selbst aber
nahestehenden Menschen verloren ha- schreibungen, wie „Opa ist eingeschla- nicht so betroffen ist. Diese kann auf
ben. Der gemeinnützige Verein bietet fen“ – das kann Kinder verwirren. Wenn plötzliche Wendungen in den Bedürf-
den betroffenen Familien umfassende Kinder Fragen stellen, beantworten Sie nissen des Kindes eingehen, wie z. B.
Hilfe für ihren Trauerprozess an. sie offen und möglichst konkret; verlie- die Trauerfeier mittendrin verlassen zu
ren Sie sich nicht in Details. Vor allem wollen. Grundsätzlich gilt, hier immer
FAM: Die häufigsten Fragen sind: Wie jüngere Kinder verarbeiten ihre Gefüh- den Weg des Kindes mitzugehen – im
erkläre ich einem Kind im Kindergarten- le, indem sie immer wieder fragen. wortwörtlichen wie im übertragenen
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