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Umwelt und Natur
Unsere Wälder
auf dem Prüfstand
Fast ein Fünftel unserer Wälder
sind Kalamitätsflächen
undeswaldinventur – dieses Wort- faktor und Arbeitsplatz in die erwünschte ten sein und in Nadelwälder gehören in
ungetüm beschäftigte vor einigen Richtung läuft. Was können wir aus der Zukunft auf jeden Fall Laubbäume.
BWochen die Fachwelt und ging vierten Waldinventur nun mitnehmen?
auch durch die Medien. Was steckt da- Heimische Baumarten
hinter – kann man unsere Wälder über- Mehr Laubbäume, aber noch dominieren
haupt in Zahlen messen und erfassen? viele Fichten und Kiefern
Die Bundeswaldinventur versucht dies Die oft kontrovers diskutierten Gast-
im Abstand von jeweils zehn Jahren. Mit Während Buchen, Eichen und andere baumarten von Douglasie bis Roteiche
jeder Wiederholung ergeben sich dabei Laubbaumarten zugenommen haben werden in der öffentlichen Diskussion
Tendenzen in Zeitreihen, die für Politik, (+ 4 %), stagniert die Kiefernfläche bei überbewertet, nehmen sie doch lediglich
Gesellschaft (also uns) und Wirtschaft in- hohen 21,8 %. Die Fichte hat etwa 16 % 5 % der Waldfläche ein. Allerdings mit
teressante Hinweise geben können: Wird ihres Flächenanteiles vor allem durch die steigender Tendenz wegen der verständli-
der Wald mehr, ändert sich die Baumar- Waldschäden seit 2017 verloren, belegt chen Suche nach Alternativen im Klima-
tenzusammensetzung, wird er naturnä- aber immer noch ein Fünftel der Waldflä- wandel. Auch die invasive Spätblühende
her, gibt es mehr oder weniger nutzbares che (20,9 %). Die Weißtanne als interes- Traubenkirsche – im Nordwesten ein
Holz? Die verschiedenen Interessengrup- sante heimische Nadelbaumalternative großes Problem unter Kiefern – spielt,
pen interpretieren die Ergebnisse aus hat zwar um 13 % zugelegt, liegt aber nur bundesweit betrachtet, eine geringe Rolle
ihrem Blickwinkel: Aus Naturschutzsicht bei knapp 2 %. (unter 2 %).
wird interessieren, ob die Naturnähe grö-
ßer wird und ob die heimischen Baumar- Reicht die Mischung? Fichte wird weiter für Probleme
ten zunehmen. Der Sägewerksbetreiber und Einnahmen sorgen
wird schauen, ob er in Zukunft genügend Die Inventur geht von einer Mischung bei
Holz für seinen Betrieb bekommt. Die vier Fünfteln der Wälder aus, zählt aber 84 % der Fichtenwälder sind noch in
Politik und damit auch die Gesellschaft Mischwald bereits ab zwei Baumarten. mehr oder weniger gutem Zustand vor-
bekommen Hinweise, ob die angestrebte Danach ist ein Fichtenwald mit 10 % Tan- handen. Von 2017 bis 2023 ist laut Wald-
Waldentwicklung zu mehr Naturnähe, als nen bereits ein Mischwald. Das halte ich zustandserhebung die „deutliche Kro-
Kohlenstoffspeicher oder als Wirtschafts- für irreführend, es sollten mehr Baumar- nenverlichtung“ von 25 % auf 43 % der
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