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Verbraucher Aktuell
                                                                                „Käferloch“






                                                                                Interview mit Rainer
                                                                                Städing, Förster und
                                                                                Pressesprecher der
                                                                                Niedersächsischen

                                                                                Landesforsten für
                                                                                den Nordwesten




                                                                                sicher etwas mehr. Auch hier gibt es
                                                                                deutliche Verluste durch den Borken-
                                                                                käfer, das ist aber für Waldbesucher
                                                                                nicht so sichtbar wie die großen
                                                                                Kahlflächen im Harz. Auch leidende
                                                                                oder absterbende Laubbäume gibt es.
                                                                                Die werden vor allem an den Stra-
                                                                                ßen schnell entnommen, wegen der
                                                                                Bruchgefahr. Die Fichtenwälder sind
                                                                                von meinen Försterkollegen mehrfach


       Wie geht es unseren Wäldern?







                                                                                über den letzten Sommer auf Käfer-
                                                                                befall kontrolliert worden. Bis zu vier
                                                                                Mal in Folge fuhren dann Holzernte-
                                                                                maschinen durch den Wald, um die
                                                                                Käferbäume zu ernten und abzufah-
                                                                                ren, bevor die jungen Käfer schlüpfen
       FAM: Man hört so viele Schreckens-   Wälder weiter. Im März letzten Jahres   und sich weiter vermehren konnten.
       nachrichten über die Wälder. Wie geht   verursachten die Stürme Eberhard und
       es dem Wald?                         Franz weitere Schäden vor allem in   FAM: Was machen die Förster weiter?
                                            Südniedersachsen in Fichtenwäldern,
       Rainer Städing: Durch das nasse Jahr   aber auch Buchen fielen um. Ab etwa   Rainer Städing: In erster Linie heißt
       2017 konnten Herbststürme und        15 Grad schwärmten ab März/April    es, wachsam zu sein und Käferbefall
       vor allem Sturm Friederike im Janu-  ungeheure Borkenkäfermengen aus den   rechtzeitig zu entdecken. Da muss
       ar 2018 besonders viele Bäume in     Winterquartieren aus und verursachten   man ständig im Wald unterwegs sein.
       Südniedersachsen und weiten Teilen   über den Sommer weiter große Verluste   Das ist nicht so einfach, weil bis vor
       Deutschlands aus dem weichen Boden   in den verbliebenen Fichtenwäldern   Kurzem Förster, Waldarbeiter und auch
       hebeln – vor allem waren Fichten-    vor allem in Harz und Solling und in   Forstmaschinen zur Hilfeleistung in die
       wälder stark betroffen. Noch während   den angrenzenden Bundesländern. Im   eigentlichen Katastrophengebiete nach
       die Förster und Waldarbeiter mit der   Sommer fingen zudem in den Buchen-  Südniedersachsen abgeordnet waren.
       Beseitigung dieser Schäden beschäftigt   wäldern erste Bäume an abzusterben   Da bleibt hier in den Wäldern schnell
       waren, entwickelte sich der Sommer   oder zu kränkeln. Die Buche ist emp-  mal was liegen oder unentdeckt.
       2018 extrem regenarm und heiß. Damit   findlich gegen Trockenheit und reagiert
       hatten die Fichtenborkenkäfer optima-  mit ein bis zwei Jahren Verzögerung.  FAM: Ist das schon Klimawandel oder
       le Entwicklungsbedingungen und die                                       sind das normale Wetterschwankungen?
       Fichten konnten sich mangels Wasser   FAM: Und wie geht es unseren Wäldern
       gegen die Käferflut nicht wehren.    in der Region?                      Rainer Städing: Wir verbrennen seit gut
       Massiver Käferbefall und der Verlust                                     150 Jahren den „unterirdischen Wald“,
       weiterer großer Fichtenwälder waren   Rainer Städing: Hier gibt es im Staats-  nämlich Kohle, Erdöl und -gas. Dadurch
       die Folge. Fehlende Niederschläge    wald nur etwa 10 Prozent Fichten-   haben wir den Kohlendioxid-Gehalt
       im Winter 2018/19 schwächten die     anteil in den Wäldern, im Privatwald   in der Atmosphäre deutlich erhöht


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