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FAMILIENMAGAZIN OLDENBURG 4 | 2017

© Fotos: Michael Hagedorn
www.konfetti-im-kopf.de

tungen und welchen Beitrag leistet      hörige sind oft extrem belastet und
Rosalore in der pflegerischen Arbeit?   wir begegnen einander meist nach
Susanne Bötel: Als ich vor acht Jahren  einer langen Odyssee, während der
mit der Arbeit in den Einrichtungen     sie oft über ihre Kräfte hinaus immer
begann, war es absolutes Neuland.       noch versucht haben, die Pflege-
Unser erster Auftraggeber war ein       bedürftigen im häuslichen Umfeld
echter Pionier. Schon bei den ers-      zu betreuen. Es ist emotional sehr
ten Dialogen auf Augenhöhe mit          schmerzhaft, den eigenen Eltern oder
den Demenzerkrankten ist mir das        dem Partner ohne eine gemeinsame
Herz aufgegangen. Sie haben so          Vergangenheit zu begegnen, in die
wunderbar auf Rosalore reagiert,        man in der Kommunikation gemein-
dass es mich zutiefst berührt hat.      sam hineingehen könnte. Auch, dass
In meinem rosa Kostüm biete ich eine    Unbewältigtes in der Beziehung
Allround-Projektionsfläche für Freude   zueinander nicht mehr geklärt werden
und Ratlosigkeit, für Glücksgefüh-      kann, ist oft zusätzlich belastend.
le und Traurigkeit, für Einsamkeit,     FAM: Was können Angehörige tun?
Liebesfantasien und manchmal auch       Susanne Bötel: Angehörige können
für Wut. Ob mit oder ohne Worte, ob     trainieren, in die Fantasiewelt De-
als lebensgroße Puppe oder kleines      menzerkrankter einzusteigen. Dann
Mädchen, ob als charmante Tanzpart-     ist es sogar im fortgeschrittenen
nerin für den ewig letzten Walzer oder  Stadium der Demenz noch möglich,
Weggefährtin bei der täglichen Heim-    sich spielerisch aufeinander einzu-
wegsuche über die Stationsflure …       lassen und miteinander sehr nahe,
in diesen intensiven Begegnungen        beglückende Momente zu erleben.
erwachen Erinnerungen zum Leben. Es     Bei diesem Entdecken kann ich
entstehen Zugänge zu verschütteten      Angehörige unterstützen. Und es ist
Potenzialen. Die an Demenz erkrank-     wunderbar mitzuerleben, was daraus
ten Menschen fühlen sich angenom-       entstehen kann. Humor, Empathie
men und können sich entspannen.         und offene Gegenwärtigkeit bieten
FAM: Ist für Angehörige der Grat        sogar die Chance, einen erkrankten
zwischen Verzweiflung und Hu-           Angehörigen noch einmal von einer
mor nicht wahnsinnig schmal?            ganz anderen Seite kennenzulernen.
Susanne Bötel: Doch, das ist er zu-     Informationen über Veranstal-
nächst in den meisten Fällen! Ange-     tungen mit Rosalore in Olden-
                                        burg: www.rosalore.de

„So gut wie nichts von dem in düsteren Sze-
narien Beschriebenen, von all den tragischen
Abgesängen auf die Menschlichkeit in Zeiten
von Demenz fand ich vor Ort wieder, als ich
mich mit meiner Kamera auf diese große
Entdeckungsreise begab. Was ich zu meiner
Überraschung entdeckte, war eine andere
Welt, die vor allem auch voller Lebensfreude,
Liebe, Humor und Selbstbestimmtheit ist.“

Michael Hagedorn, Initiator von Konfetti im Kopf

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