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FAMILIENMAGAZIN OLDENBURG 4 | 2018

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… was am Ende
       wirklich zählt …

Abschied und Trauer im Hospiz St. Peter

Die Adventszeit ist eine Zeit der          mann-Faida kümmert sich um diesen        zu meistern sind wie die klassischen
        Besinnlichkeit. Das ist auch im    Bereich. Jeder, der um einen nahen       Festtage. „Allein sein am Geburtstag,
        Oldenburger Hospiz St. Peter       Menschen trauert, kann sich an das       am Hochzeitstag, am Tag der Dia-
 so. Doch besonders intensiv zelebriert    Hospiz-Team wenden. Eine Begleitung      gnose, am Sterbetag, im Urlaub …,
 wird die Vorweihnachtszeit an die-        ist nicht von einer Unterbringung des    das hört ja nicht plötzlich auf“, sagt
 sem besonderen Ort des Abschiedes         Sterbenden im Hospiz abhängig!           sie, „auch wenn das soziale Umfeld
 nicht. Hospizleiter Andreas Wagner                                                 die Unterstützung nach einiger Zeit
 ist es ein Anliegen, die Hospizarbeit     „Trauerarbeit von Angehörigen be-        langsam zurückfährt. Viele Trauernde
 aus einer noch immer weit verbreite-      ginnt in den allermeisten Fällen, bevor  spüren ihre Einsamkeit nach Ablauf
 ten gesellschaftlichen Verklärung zu      die Menschen, von denen sie sich         des ersten Trauerjahres besonders
 befreien und realistische Eindrücke zu    verabschieden müssen, versterben.        schlimm. Sie können aber in kleinen,
 kommunizieren. „Auch die Adventszeit      Trauer hat viele Gesichter“, erläutert   sehr individuellen Schritten lernen,
 findet in unserem Hause ganz indivi-      Wagner, „und wir begleiten Angehö-       mit den aufkommenden Gefühlen
 duelle Ausdrucksformen“, erläutert er,    rige dabei in ganz unterschiedlichen     besser zu leben und diese besonde-
 „wie die einzelnen Bewohner damit         Formen. Einzeln und in Gruppen.          ren Tage bewusst zu gestalten. Dabei
 umgehen, ist vollkommen individu-         Während die einen Trauer eher über       unterstützen wir sie. Und dafür ist der
 ell. Einige haben gar kein Bedürfnis      Gespräche verarbeiten, verlangt sie      Austausch in der Gruppe mit Men-
 danach, andere feiern hier Weihnach-      bei anderen nach kreativem Ausdruck,     schen, die ebenfalls etwas Ähnliches
 ten mit der ganzen Familie. Wir geben     bei wieder anderen z. B. nach Be-        erlebt haben, unglaublich wichtig und
 dem, was gelebt werden möchte, und        wegung. Und immer geht es bei der        tröstlich. Viele Trauernde kommen
 was die Familie sonst zuhause auch        Trauerbewältigung um ganz lebens-        tatsächlich erst ab dem zweiten Jahr
 tun würde, so gut wie möglich Raum,       nahe, alltagspraktische Fragen.“         nach einem Verlust zu uns, und sie
 inszenieren aber nichts.“ Grundsätzlich,                                           sind willkommen, unabhängig davon,
 so Wagner, entfalte sich das Leben        In der Vorweihnachtszeit bietet das      wie lange der Verlust zurückliegt, und
 im Hospiz nicht mit Weichzeichner-        Hospiz St. Peter deshalb unter ande-     unabhängig davon, ob ihr Angehö-
 Effekt, sondern in all seinen Facetten:   rem auch einen Gesprächskreis für        riger im Hospiz St. Peter verstorben
                                           Angehörige mit der Fragestellung an      ist oder an einem anderen Ort.“
 „In der letzten Phase ihres Lebens        „Wie kann ich Weihnachten feiern,        Auch in diesem Jahr wird es im
 werden Menschen zutiefst authentisch.     wenn ich allein zurückgeblieben bin?“.   Hospiz zur Adventszeit wieder
 Gesellschaftliche Konventionen, faule                                              öffentliche Veranstaltungen ge-
 Kompromisse und Etiketten dürfen fallen.  „Trauer ist keine Krankheit! Trau-       ben, zu denen alle interessierten
 Was am Ende wirklich zählt, ist aufrich-  er braucht Zeit, und sie braucht         Oldenburger eingeladen sind.
 tiges Da-Sein von Moment zu Moment.       einen Raum, in dem ich mich als
 Pur. Wahrhaftig. Essenziell verdichtet.“  Trauernder wieder neu finden kann.
                                           Unsere Gesellschaft bietet da-
 Auch Angehörige in ihrer Trauer zu        für kaum noch Möglichkeiten“,
 begleiten, ist ein wesentlicher Be-       erläutert Anna Wiechmann-Faida.
 standteil der Arbeit im Oldenburger       Aus ihrer täglichen Arbeit weiß sie,
 Hospiz St. Peter. Ein erfahrenes Team     dass für trauernde Angehörige an-
 unter der Leitung von Anna Wiech-         dere Termine oft genauso schwierig

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